Seit zwei Tagen bin ich hier in Mamallapuram, einem kleinen Hafenstädtchen (14‘000 Einw.), das ca. 60 km südlich von Chennai (Madras) liegt.
Ich machte innerhalb zweier Tage örtlich und klimatisch einen Riesensprung, bzw. -flug - von Dharamsala, das zu Füssen des Himalaya liegt und es dort zu dieser Jahreszeit in der Nacht bis -2 Grad kalt werden kann, an die Südostküste Indiens, wo ich nun die angenehmen 28-30 Grad Temperaturen und den völlig anderen Ambiente geniesse.
Die zehn Tage „Auszeit“ in Dharamsala waren eine Wohltat für Körper, Geist und Seele. Wir meditierten 7 – 8 Stunden am Tag und begaben uns auf unsere inneren Reisen. Ich stellte bald einmal fest, dass man eigentlich das ganze Leben „meditativ“ angehen und leben könnte – wichtig ist nur, dass man ganz bei sich und der „Sache“ ist und diese bewusst im „Hier und Jetzt“ tut. Wir Menschen im Westen rühmen uns des Multitaskings und sind dadurch eigentlich nie ganz bei uns und der Sache. So übte ich mich den ganzen Tag in Meditation; war es beim Essen, bei der Körperpflege, draussen beim Spazieren und Beobachten der Natur. In tiefster Meditation löst sich das „Ich-Bewusstsein“ auf, man verbindet sich mit der Umgebung, der Natur, dem Universum – man wird zum Baum, zum Bach, ja sogar zum Chapati ;-))! Diejenigen unter euch, die Meditationserfahrung haben, wissen wovon ich schreibe. Eine wertvolle und tiefgreifende Erfahrung, die ich allen gönnen möchte und hoffentlich für mich in den Schweizeralltag hinüber retten kann.
Ich kann euch leider keine Bilder meiner inneren Reisen zeigen (konnte ja nicht gleichzeitig fotografieren ;-)), dafür schicke ich euch ein paar Bilder aus der Umgebung Dharamsalas, Mc Leodganj (Sitz der tibetischen Exilregierung=Kleintibet) und ein paar Impressionen der wunderschönen Anlage des Meditationszentrums:
Anlage mit dem Himalaya im Hintergrund |
Gehweg am Bach |
Ess- und Aufenthaltsplätze |
Meditationshalle |
Umgebung von Dharamsala |
Arbeiterin im Strassenbau |
ist schon fast ein Kunstwerk - dieser Müll! |
Mc Leodganj |
Tibeter - wohin das Auge reicht |
Konferenzhalle - im Hintergrund das Gebäude der tibet. Exilregierung |
Taxi! Wohin soll die Fahrt gehen? |
Nun bin ich also in Mamallapuram, welches ein idealer Einstiegsort zum Reisen in Südindien ist, viel ruhiger und beschaulicher als die 6.5 Mio. Stadt Chennai.
spontane Begegnungen sind einfach schön! |
Mamallapuram war in vorchristlicher Zeit ein wichtiges internationales Handelszentrum und hatte zwischen dem 7. und 8. Jh.n.Chr. einen der bedeutendsten Häfen der indischen Ostküste.Wunderbare, eindrückliche Bauwerke zeugen von Einflüssen verschiedener Völker und Religionen (Christen, Hinduistische Pallava-Dynastie, Buddhisten). Auffällig ist, dass die meisten Tempel unvollendet oder gar nicht begehbar sind und man weiss darüber nicht so genau, ob diese Bauwerke ein Experimentierfeld früherer Architektur waren.
Eindrücklich ist der „Krishna‘s Butterball“, wie ihn die Inder nennen, ein Monolith, der schon seit Jahrtausenden an diesem Ort steht oder liegt. Laut Führer, wollten die Engländer diesen Granitstein wegnehmen, aber auch mit Einsatz von 5 Elefanten, gelang ihnen dieses Unterfangen nicht.
Weltberühmt und einzigartig ist das Felsenrelief „Arjuna’s Penance“, welches die Niederkunft der Ganga (Ganges) auf die Erde darstellt. Man kann ganze Geschichten daraus „lesen“ und beim näheren Betrachten sieht man die liebevoll dargestellten Details in Granit gehauen.
Die „Fünf Rathas“ sind mit Skulpturen geschmückte Monolith-Tempel, welche aus einem einzigen grossen Felsen herausgehauen wurden! Einfach einzigartig, wenn man bedenkt, dass diese Tempel zwischen dem 5. und 6. Jh. entstanden sind!
Die erodierten, aus Granitquadern aufgebauten „Shore Tempel“, von denen nur noch drei übrig geblieben sind, liegen direkt an der Küste Mamallapurams. Für die Besichtigung der sechs weiteren Tempel hätte ich mir Taucheranzug und Sauerstoffflasche besorgen müssen, denn diese liegen ca. 15 km draussen auf dem Meeresgrund.
Krishna's Butterball von vorne.... |
....und von der Seite |
Arjuna's Penace |
Five Rathas |
Shore Tempel, im Hintergrund der "Bay of Bengal" |
erodierter Löwe mit Krishna |
So, die Geschichtsstunde ist vorüber ;-)! Komme wieder zurück in die Gegenwart....
Vorgestern verspeiste ich ein typisch südindisches, vegetarisches Bananenblatt-Menü. Ich bekam häppchenweise verschiedene Köstlichkeiten auf einem Bananenblatt serviert: Raita (Yoghurt mit Gurken und Zwiebeln), Pickles (scharf eingelegtes Gemüse), Koriandersauce (scharf), Alu dum (Kartoffelcurry mit Joghurt, Tomaten und Zwiebeln), Dhal (Linsenbrei), Spinat, Dosai (eine Art Reisomelette), Sambhar (auch eine Art Linsensauce), Chapati (Fladenbrot), Gemüsecurry und natürlich Basmatireis. Die meisten Inder essen mit der rechten Hand und so kriegte ich auch kein Besteck auf den Tisch. Zu Beginn stellte ich mich ziemlich unbeholfen an, die „flüssigen“ Speisen mit dem Reis zu mischen, dann mit den 5 Fingern ein mundgerechtes Häufchen zu formen und dieses dann in den Mund zu schieben. Die Kellner amüsierten sich etwas über mich, aber einer erbarmte sich und zeigte mir die Technik – das Essen wurde zu einem sinnlichen Vergnügen und schmeckte irgendwie noch besser als ab Gabel! Die südindische Küche ist übrigens schärfer als die Nordindische und hier an der Küste gibt es natürlich auch viel frischen Fisch und Meeresfrüchte. Mmmhh!
Gestern besuchte ich das erste Mal in Indien Yogastunden, eine um 6 Uhr früh im Hotel, da hatte ich gleich eine Privatlektion in Ashtanga-Yoga. Die 2. Lektion am Abend besuchte ich im Dorf. Dies war das „Highlight“ des Tages: Die Hatha-Yoga Lektion wurde auf der Dachterrasse eines Restaurants abgehalten, auf Betonboden mit dünnen Bastmatten belegt. Während wir uns entspannten und Yoga praktizierten, stieg uns immer wieder der Geruch von gebratenem/verbranntem Fleisch in die Nase. Plötzlich begann eine richtige Party unten auf der Strasse; durch die Lautsprecheranlage dröhnte „heisse“ Musik und wir konnten uns mit Unterstützung des Technosounds in den Asanas üben. Dazu krähte jemand Karaoke ins Mikrofon. Es war einfach zu grotesk! Ich konnte gleich üben, bei mir und dem Yoga zu bleiben, obwohl es mich manchmal in den Beinen gejuckt hat ;-). Der Yogalehrer gab sich die grösste Mühe und unterrichtete kompetent – es machte Spass und werde daher morgen früh wieder hingehen; ich denke, 7 Uhr morgens wird's etwas weniger Lärmquellen haben. Obwohl, Indien ist für unsere Begriffe einfach laut - es tönt, schreit, bellt, hupt und quietscht immer irgendetwas von irgendwo her....
In zwei Tagen ist Heiliger Abend!
Dieses Jahr ist es das erste Mal seit 24 Jahren, dass ich nicht zusammen mit meinen Kindern Weihnachten feiern werde und das werde ich sehr vermissen. Die warmen Temperaturen, der fehlende Schnee, kein Weihnachtsguetzli- und Lebkuchenduft, keine Weihnachtsmusik tragen das ihrige bei, dass bei mir keine echte Weihnachtsstimmung aufkommt. Dafür kommt mein persönlicher „Weihnachtsmann“ morgen auf Besuch und wird mich drei Wochen lang auf der Südindientour begleiten. Darauf freue ich mich!
Dieses Jahr werde ich auch keine persönlichen Weihnachtskarten schreiben und so wünsche ich dir, deinem/r Partner/in und deiner Familie auf diesem Weg eine freudige, friedvolle und hoffentlich „meditative“ Weihnachtszeit und ein gesundes, glückliches und zufriedenes Neues Jahr.
Und zuletzt möchte ich euch ganz herzlich danken für die positiven Feedbacks bezüglich meines Blogs, eure Mails und SMS. Ich freue mich, euch ca. Mitte Januar wieder zu berichten und hoffentlich auch wieder von euch auf die eine oder andere Art zu „hören“.
Mit einem herzlichen „Namaskar“ grüsse ich alle Daheimgebliebenen,
Marianne oder Prem Sakshi (mein indischer Name, den ich von Swami Atmo Ninad erhalten habe)