Südindien – zum Ersten…..

65 Kilometer südlich von Mamallapuram liegt die „Côte d’Azur“ Indiens.  Pondicherry oder seit 2006 Puducherry genannt,  mit 220‘000 EinwohnerInnen, wurde im 17. Jh. als französische Kolonie gegründet und 1954 zum Unionsstaat Pondicherry  ernannt und in den Bundesstaat Tamil Nadus eingegliedert. Diese „Oase“ in Indien war das nächste Reiseziel, wo wir die Weihnachts- und Neujahrstage verbrachten. Ich spreche von „Oase“, da die Stadt sich mächtig von den anderen Städten Tamil Nadus unterscheidet. Durch die katholischen Kirchen, dem Hôtel de Ville, dem schönen Stadtpark, der Uferpromenade, den französischen Straßennamen und den französisch anmutenden Cafés und Restaurants,  vermittelt Pondicherry noch heute den Charme einer französischen Kleinstadt -  ich war von Anfang an begeistert von der Ambience.

Fingerfood an der Uferpromenade

im Hintergrund das Gandhi-Denkmal
zu Füssen Gandhis
man beachte die Ohrwärmer des grösseren Jungen - bei 25 Grad!

Abenstimmung über dem Stadtpark
Hauptanziehungspunkt für Tausende von Westlern, die jedes Jahr nach Pondicherry reisen, ist der Sri Aurobindo Ashram. Der Ashram ist nicht nur das spirituelle, sondern auch das ökonomische Zentrum Puducherrys. Neben Schulen, Krankenhäusern, Bibliotheken, Galerien und Läden, gehören zu dem weit verzweigten Netz des Ashrams  auch Fabriken und Immobilien. Mit über 400 Gebäuden ist er heute der mit Abstand größte Großgrundbesitzer der Stadt.
Eingang zum Sri Aurobindo Ashram


Kurz zur Geschichte des Ashrams:  Unter den zahlreichen vor allem jungen Menschen, die sich damals auf den Weg nach Indien machten, befand sich  die Französin Mira Alfassa. Innerhalb kürzester Zeit wurde sie zur rechten Hand Sri Aurobindos und gründete 1926 mit ihm zusammen den Sri Aurobindo Ashram. Nach dessen Tod am 5.12.1950 übernahm  „The Mother“, wie Mira von ihren Anhängern genannt wurde, die Gesamtleitung des Ashrams. Auf ihre Initiative hin, wurde Auroville im Jahre 1968 gegründet. Die Modellstadt liegt 10 Kilometer nördlich von Puducherry und sollte der immer grösser werdenden Anhängerschaft ein ideales Zuhause geben. 1973 verstarb „The Mother“  im Alter von 95 Jahren. Dies war der Beginn, der schon lange unter der Oberfläche schwelenden Konflikte unter der Anhängerschaft und zwischen dem Ashram und der einheimischen Bevölkerung. Einst eine Gruppe idealistischer Menschen aus aller Welt, die friedlich in einer spirituellen Gemeinschaft lebten, zersplitterten sie sich nun in Interessengruppen, die sich erbittert um Geld, Privilegien und Macht stritten und sogar gewalttätige Ausmasse annahmen. Das oberste Gericht musste einschreiten und seit 1982 besteht ein siebenköpfiger Rat, der aus Vertretern verschiedener Interessengruppen besteht.  Heute leben und arbeiten ca. 1‘500 Menschen in Auroville, welche versuchen in landwirtschaftlichen, kulturellen und pädagogischen Projekten die Ideale von Sri Aurobindo umzusetzen. Wir haben einen Holländer, der in der Papierfabrik des Ashrams arbeitet getroffen und ihn gefragt, welche Voraussetzungen man mitbringen muss, um im Ashram zu leben. Er sagte: „Geh‘ dich einfach anmelden und versuch‘ dich in die Gemeinschaft einzubringen und zu integrieren“. Wäre dies nicht auch eine Variante für eine aktive „Auszeit“!?

Eingangsbereich Auroville
Matrimandir - Meditationshalle
Parkanlage mit Matrimandir im Hintergrund






heiliger Banyan-Baum mit 50 m Durchmesser des Baumwerkes
Aurobeach
Am 30. Dezember nachmittags begann heftiger Wind einzusetzen,  der  bis in die Nacht hinein zu einem ausgewachsenen Wirbelsturm der Stärke 4-5 (ca. 140 Stundenkilometer) anwuchs. Gegen Morgengrauen setzte dazu noch starker Regen ein und am Silvestermorgen bot die Stadt traurige Bilder der Verwüstung und des Chaos.





Fast zwei Tage waren viele Teile der Stadt vom Strom abgeschnitten. Viele Läden, Restaurants und Geschäfte blieben geschlossen, da die Zulieferdienste nicht ausgeführt werden konnten. Auf den Strassen blockierten umgeknickte Bäume und Strommasten den Verkehr, die Uferpromenade war überschwemmt, der Stadtpark und weitere Grünanlagen wurden arg zerstört. In der Silvesternacht waren nur 4 von 10 grösseren Hotels für die Festlichkeiten betriebsbereit. Viele Touristen, welche in einfachen Unterkünften in Auroville und Umgebung übernachteten, suchten Unterschlupf in den grossen Hotels Puducherrys.

Au Revoir Pondichéri
Am 2. Januar ging es in mehreren Tagesetappen weiter nach Chidambaram - Tanjore – Trichy - Karaikudi - Madurai.
Auf der Strecke Puducherry - Chidambaram haben wir die vielen Schäden, die der Wirbelsturm angerichtet hat, gesehen : geknickte Bananenbäume, Palmen und Strommasten, überschwemmte Reis- und Gemüsefelder, zerstörte Zuckerrohrplantagen und beschädigte Häuser und Fahrzeuge. Plötzlich stauten sich die Fahrzeuge auf der Strasse. Der Fahrer hielt an und erfuhr von Leuten, die des Weges kamen, dass weiter vorne im Dorf ein Sitzstreik auf der Hauptstrasse stattfand und dies um die Mittagszeit bei 30 Grad Hitze! Ein Zeitungsreporter, der Englisch sprach, erklärte uns, dass die Leute schon seit ein paar Stunden die Strasse sperrten, um von der Regierung finanzielle Entschädigung für die Schäden und Unterstützung für den Wiederaufbau ihrer Häuser zu bekommen. Ich setzte mich spontan zu den sitzenden Frauen, die sich alle riesig freuten, dass sich eine Ausländerin mit ihnen solidarisiert. Wir sassen ca. eine Stunde in der brütenden Hitze, als ein Parteipolitiker mit seinem Gefolge und einer grossen Polizeigarde vorfuhr. Mit grimmigem Blick bahnte er sich ein Weg durch die Menge. Er diskutierte mit den anwesenden Vertretern der Streikenden und plötzlich wurden wir zum Aufstehen aufgefordert und die Masse löste sich auf. Die Frauen dankten überschwänglich, umarmten mich und schüttelten mir die Hände zum Abschied, danach fuhren wir weiter nach Chidambaram. Zwei Tage später las ich im "The Hindu", dass die Regierung 28.5 Mio. Rupien für die Unwettergeschädigten freigeben wird!


Zeitungsbericht vom 3.1.2012

das Ausharren hat sich gelohnt
In Chidambaram, der Stadt des „kosmischen Tänzers“, wird Gott Shiva als Nataraja (Gott des Tanzes) verehrt. Im Februar und März wird hier ein 5-tägiges Tanzfest veranstaltet, zu dem Tänzer aus allen Teilen Indiens angereist kommen und  im Chidambaram-Tempel, Nataraja zu Ehren zu tanzen. Wir besichtigten den Chidambaram-Tempel, der unter den Chola-Herrschern im 11. und 12. Jh. entstand.

Tanzender Shiva - Nataraja
Tanzender Shiva mit Schülerin
Chidambaram-Tempel
                       








 
Pilgerinnen am Eingang des Tempels



Der Brihadesvara-Tempel  in Tanjore wurde im Jahr 1000 n. Chr. vom Chola Herrscher Rajaraja gebaut. Er war ein tieffrommer  Mensch und laut Führer auch ein guter König. Er liess sich ein grossartiges Denkmal bauen, das noch heute von hunderttausenden von Pilgern jährlich besucht wird. In der Tanjore Art Gallery konnten wir die wertvollen Chola-Bronzestatuen bewundern. Darunter sind die weltberühmten Bronzefiguren von Shiva und seiner Frau Parvati, welche an einem Ausstellungs-Wettbewerb in New York den  1. Preis erhielten. Leider waren die Figuren hinter Glas und aus den Fotos wurde nichts. :-(

Brihadesvara-Tempel Tanjore




Raghanatha-Tempelanlage

Warteschlange zum "Eingang ins Paradies"

es wird gesessen....
gegessen...indischer Fastfood schmeckt wunderbar!
und geschlafen...Pilgerreisen sind anstrengend
In Tiruchirappalli kurz Trichy genannt, befindet sich die Tempelstadt  Raghanatha (siehe oben), des grössten Vishnu-Heiligtums  Südindiens. Vishnu ist neben  Brahma und Shiva einer der Hauptgötter der Hindus. Am 5. Januar besuchten wir diese 1000 m2 grosse Anlage und genau an diesem Tag begann das einmonatige Tempelfest, wozu hunderttausende von Pilgern aus allen Ecken Südindiens hergereist kommen. Es kam mir vor wie an einem grossen Openair-Festival bei uns: es gab (Fastfood) Essstände, Ruhe- Schlaf-, Ess- und Aufenthaltsplätze, aber statt (Rock)Musik  wird in der grossen 1000-Säulen Halle das Vishnu-Heiligtum angebetet.

unterwegs von Karikudi nach Madurai
Madurai ist die zweitgrösste Stadt in Tamil Nadu und lädt zum Verweilen ein. Neben guter touristischer Infrastruktur mit zahlreichen Hotels und Restaurants und besten Einkaufsmöglichkeiten, bietet die Stadt rund um den berühmten Meenakshi-Tempel eine einzigartige Atmosphäre aus Geschäftigkeit und Religiosität. Zudem konnten wir auf einer gemütlichen Fahrrad-Rikschatour am Sonntagmorgen die vielen schönen Seiten  Madurais besichtigen. Ich staunte über die Farbenpracht der Blumen, Früchte und Gemüse auf dem Markt, genoss die vielen herzlichen Begegnungen mit den fröhlich lachenden Menschen, wunderte mich über (in meinen Augen) kuriose Begebenheiten – ja, es war ein Fest für meine Sinne!

Meenakshi - Tempelanlage (6 ha gross!)

Tempelmuseum
in der Halle der 1000 Säulen







Zum Schluss ein paar Impressionen von der 3-stündigen Rikshatour am Sonntagmorgen:

Zeitung lesen und Tee trinken....

eine glatte Rasur.....

Tempelbesuch 
Sonntagmorgenschwatz

alles wird gewaschen: von Kleidern bis zum Kleintransporter

auf dem Zwiebelmarkt

und zum Schluss eine nussvoll Kokosmilch ;-) Chinchin!






1 Kommentar:

  1. Liebe Marianne,
    danke für deine Mail, mit großem Interesse haben wir alles nachgelesen bis jetzt und verfolgen nun noch gerne den weiteren Verlauf deiner Reise und freuen uns sehr, dass es Dir wohl nach wie vor gut geht und Du die Zeit mit deinem Herzallerliebsten genießen konntest!
    Alles Liebe von Hajo und Ulli

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